Effizienzsteigerung in der Fertigungsstätte über die Gesamtanlageneffektivität (GAE)
GAE ist ein leistungsstarkes Werkzeug zur Messung der Effizienz in industriellen Umgebungen. Durch die Ermittlung aller Produktionsverluste ermöglicht dieses Werkzeug fundierte Geschäftsentscheidungen, die die Leistung, Kapazität und Auslastung der Anlagen steigern können.
Auf dem heutigen wettbewerbsorientierten Markt müssen Unternehmen effizient arbeiten, um die Produktivität zu maximieren und gleichzeitig hochwertige und nachhaltige Produkte anzubieten. Um dies zu erreichen, müssen die Hersteller sicherstellen, dass Produktionssysteme stets verfügbar sind, Qualität und Durchsatz verbessern und Kosten senken. Ein praktischer Ansatz ist die Berücksichtigung der Gesamtanlageneffektivität (GAE) bei der Fertigung, wodurch Effizienz und Leistung erheblich gesteigert werden können. Die Nutzung von IIoT, vorausschauender Wartung, Edge- und Cloud-Computing kann GAE-Initiativen zu mehr Wirksamkeit verhelfen, Transparenz und Betriebseffizienz erhöhen und die Kapitalrendite steigern. Dieser Artikel behandelt die Grundlagen der GAE, Methoden zu deren Optimierung und sowie Strategien zur Steigerung der Fertigungsproduktivität. Wir zeigen Ihnen außerdem, wie Cloud- und Edge-Computing Ihre Gesamtanlageneffektivität optimiert.
Das Konzept der Gesamtanlageneffektivität
Die Gesamtanlageneffektivität ist eine entscheidende Fertigungsmetrik zur Beurteilung der Effizienz und Produktivität von Maschinen und Arbeitskräften. Sie misst, wie effizient ein Fertigungsprozess sein Potenzial während der geplanten Produktion ausschöpft. Die GAE betrachtet drei kritische Komponenten:
Verfügbarkeit: Diese Kennzahl bewertet zu wie viel Prozent der vorgesehenen Zeit Anlagen auch tatsächlich in Betrieb sind und hebt die Auswirkungen von Ausfallzeiten hervor. Sie berücksichtigt aktive Zeit, Rüstzeit, ungeplante Ausfallzeiten und Anlagenausfälle. Die Verfügbarkeit wird durch Vergleich der Betriebszeit der Anlage mit der geplanten Produktionszeit berechnet.
Wenn beispielsweise eine Maschine 8 Stunden lang betrieben werden sollte, aber aufgrund einer Panne 6 Stunden lang betrieben würde, wäre die Verfügbarkeit 75 %.
Leistung: Sie misst die Betriebseffizienz der Anlage durch Berücksichtigung von Drehzahlverlusten und geringfügigen Stillständen. Sie wird bestimmt, indem die ideale Zykluszeit mit der tatsächlichen Zykluszeit verglichen wird.
Wenn eine Maschine beispielsweise 1600 Einheiten in einer Stunde produziert, anstatt ihre maximale Kapazität von 2500, beträgt die Leistung 64 %.
Qualität: Sie misst den Prozentsatz der Waren, die ohne Mängel hergestellt werden und die Qualitätsnormen erfüllen oder übertreffen.
Wenn beispielsweise 180 gute Einheiten unter 200 Gesamteinheiten produziert werden, würde die Qualität 90 % betragen.
Die GAE-Metrik wird berechnet, indem die drei Komponenten multipliziert werden. GAE: Qualität x Leistung x Verfügbarkeit
In diesem Beispiel beträgt der GAE-Wert bei 75 % Verfügbarkeit, 64 % Leistung und 90 % Qualität 43 % (0,75 * 0,64 * 0,9).
Durch die regelmäßige Berechnung und Überwachung der GAE können Hersteller die wichtigsten Probleme identifizieren, die sich auf die Anlagenleistung auswirken, und gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Produktionseffizienz zu verbessern.

Abbildung 1: Berechnungsmethode für GAE (selbst erstellt)
Die Interpretation der GAE-Ergebnisse ist entscheidend, um verbesserungsbedürftige Bereiche zu ermitteln. Durch die Analyse dieser Ergebnisse können Hersteller ihre Anstrengungen dorthin ausrichten, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Ein GAE-Wert von über 85 % weist auf eine optimale Anlageneffizienz hin, während ein durchschnittlicher Wert von rund 40 % darauf hindeutet, dass eine kontinuierliche Verbesserung erforderlich ist. Eine Bewertung mit 100 % ist eine große Herausforderung, da ausschließlich perfekte Teile bei maximaler Geschwindigkeit und ohne Ausfallzeiten produziert werden müssen. GAE-Benchmarks variieren je nach Branche und Fertigungsmethode. Es gibt keine universelle GAE-Bewertung, da jeder Sektor unterschiedliche Standards hat. So erzielen Hersteller diskreter Bauteile aufgrund der Komplexität ihrer Produktionsprozesse häufig niedrigere GAE-Werte.
Die Bedeutung der GAE in der Fertigung
Die GAE ist eine wichtige Kennzahl für Fertigungsunternehmen, die zahlreiche Vorteile bietet, die den Betrieb in der Fabrik verbessern können. Zu den wichtigsten Vorteilen zählen:
- Gesteigerte Produktivität: Die GAE hilft dabei, Anlagen oder Prozesse mit unzureichender Leistung zu identifizieren, was gezielte Verbesserungen ermöglicht. Durch die Nachverfolgung von Ausfallzeiten wird die Nutzung der Anlagen optimiert, die Planung und Wartung verbessert und die Verfügbarkeit und Produktivität erhöht. Darüber hinaus lässt sich dank GAE die Produktivität der Arbeitskräfte steigern, denn Führungskräfte erhalten Unterstützung bei der Identifikation von Bereichen, in denen Bediener zusätzliche Schulungen oder Förderung benötigen.
- Verbesserte Qualität: Die GAE verfolgt Fehler und Nachbesserungsarbeiten und liefert wertvolle Daten, die die Ursachen von Qualitätsproblemen erkennbar machen. Diese Analyse ermöglicht eine kontinuierliche Verbesserung. Mithilfe der GAE-Erkenntnisse können Fabriken ihren Ausschuss und ihre Nacharbeiten minimieren, was zu Kosteneinsparungen und hochwertigeren Produkten führt.
- Verbesserte Wartung: GAE-Daten unterstützen vorausschauende Wartungspläne, reduzieren ungeplante Ausfallzeiten und verlängern die Lebensdauer der Geräte. Durch die Planung von Wartungsarbeiten in Zeiten geringer Nachfrage können die Hersteller Unterbrechungen minimieren und die Verfügbarkeit der Anlagen maximieren.
- Kostensenkung und Steigerung der Kapitalrendite: Durch die Verbesserung der GAE verringern sich die Betriebskosten, da Energieverbrauch, Arbeitskosten und Materialabfall sinken. Mit einem hohen GAE-Wert erreichen Hersteller ihre Ziele effektiver und erzielen durch Minimierung von Maschinenausfällen und Produktion hochwertiger Waren eine hohe Kapitalrendite.
- Bessere Ressourcennutzung: Die GAE zeigt, welche Anlagen nicht ausgelastet sind, was eine effektivere Ressourcenzuweisung erlaubt und den Bedarf an zusätzlichen Kapitalinvestitionen verringert. Gezielte praktische Schulungen verbessern die Fähigkeiten der Arbeitskräfte, die Ressourcenauslastung und die Gesamtleistung.
- Datengesteuerte Entscheidungsfindung: Die GAE liefert Produktionsdaten in Echtzeit, die analysiert werden können, um Probleme zu lösen und schnell fundierte Entscheidungen zu treffen. Diese Daten kommen auch Initiativen zur kontinuierlichen Verbesserung zugute, wodurch Produktivität und Qualität im Laufe der Zeit verbessert werden.
- Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit: Über die GAE können Hersteller ihre Leistung mit Branchenstandards oder Wettbewerbern vergleichen. Wird ein höherer GAE-Wert erreicht, führt das zu einer konsistenteren Produktion, qualitativ besseren Produkten und pünktlicher Lieferung, was die Kundenzufriedenheit steigert.
GAE-Lösungen zur Erreichung von Spitzenleistungen in der Fertigung
Eine vorausschauende Wartung ist entscheidend, wenn es darum geht, höhere GAE-Werte durch die kontinuierliche Überwachung des Gerätezustands zu verbessern. Die frühzeitige Erkennung von Anomalien oder Verschleiß verhindert, dass kleinere Probleme sich zu erheblichen Ausfällen auswachsen. Dieser proaktive Ansatz ermöglicht es Wartungsteams, Reparaturen während geplanter Anlagen-Ruhezeiten vorzunehmen, unerwartete Ausfälle zu minimieren und die Verfügbarkeit der Ausrüstung in sämtlichen Bedarfsfällen sicherzustellen. Die Einbindung von Sensoren, speicherprogrammierbaren Steuerungen und IIoT-Geräten liefert Echtzeitdaten zu Anlagen und Prozessen, wodurch sich wiederholende oder komplexe Aufgaben automatisiert werden können. Das verbessert Leistung, Geschwindigkeit und Genauigkeit und reduziert menschliche Fehler. Strategische Investitionen in Anlagen-Upgrades erhöhen die Effizienz weiter, da sie weniger Ressourcen und weniger Zeit erfordern und Abfall reduzieren. Die Einbindung der Mitarbeitenden ist für eine erfolgreiche Fertigung von entscheidender Bedeutung. Durch Motivation und Befähigung von Mitarbeitern können Unternehmen ihre Produktionsaktivitäten und ihre GAE-Leistung kontinuierlich verbessern. Der regelmäßige Echtzeit-Austausch von GAE-Ergebnissen mit dem Bedienpersonal bietet wertvolle Einblicke in verbesserungsbedürftige Bereiche. Die Einführung von Best Practices und Branchenstandards wie QFD, Kaizen, Zero Defect, PDCA, TQM, Taguchi-Methoden, Qualitätszirkeln und Six Sigma spielt bei der Optimierung von Fertigungsprozessen und der Verbesserung der GAE-Leistung eine entscheidende Rolle. Diese Techniken ermöglichen es Unternehmen, ihre Leistung mit Branchenstandards zu vergleichen und die Kundenzufriedenheit deutlich zu steigern.
Die Rolle des industriellen Edge-Computing bei der Verbesserung der GAE
Die GAE bewertet die Produktionseffizienz anhand von Leistungs-, Verfügbarkeits- und Qualitätskennzahlen. Durch den Einsatz von Edge-Einheiten in Produktionsanlagen können Unternehmen präskriptive Diagnoseanalysen nutzen, um Anlagen intelligent zu optimieren. Dieser Ansatz minimiert ungeplante Ausfallzeiten, verbessert die Produktqualität und maximiert die Anlagenauslastung. Mit zunehmender Leistung, Qualität und Verfügbarkeit von Anlagen kommen die Fabriken näher an die Erreichung von 100 % GAE. Edge-fähige Plattformen bieten nahtloses Datenstreaming in Echtzeit und ermöglichen erweiterte Analysen zu Systemzustand, Leistung und Produktfluss. Diese Erkenntnisse unterstützen die vorausschauende Wartung und Ertragsoptimierung durch die Analyse wachsender Mengen an Echtzeitdaten.
Ein Schlüsselbeispiel ist die Digitalisierungsplattform Industrial Edge, die Daten auf Maschinenebene verarbeitet. Diese einsatzbereite Edge-Plattform bündelt Anwendungen, OT- und IT-Konnektivität, Geräte und ein zentrales Verwaltungssystem, sodass die Datenverarbeitung skalierbar wird und sicher und einfach in der Fertigung verwendet werden kann. Industrial Edge vereinfacht die Datenerfassung, Analyse und Identifizierung von Engpässen und verbessert die GAE durch eine bessere Überwachung von Ressourcen und Ressourcenverbrauch.
Anwendungsfälle von Edge-Computing in der Industrie zur Verbesserung der GAE anhand von Herstellerbeispielen
- Leistungssteigerung in der Automobilfertigung:
Volkswagen nutzte industrielles Edge-Computing, um seine Automobilproduktionslinie zu optimieren, in der verschiedene Karosserietypen auf derselben Linie produziert werden. Jedes Modell erfordert unterschiedliche Arbeitslasten, was bei der Einführung neuer Modelle häufig zu Produktionsverzögerungen führte. Volkswagen fehlte der Einblick in die Ursache. Der Konzern benötigte eine Möglichkeit, problematische Stationen und Abläufe innerhalb seines VASS-basierten SPS-Programms (Volkswagen Proprietary) zu identifizieren, ohne den SPS-Code zu verändern.
Um dieses Problem zu lösen, führte Volkswagen eine App zur Leistungsüberwachung ein, die die Zykluszeiten an den einzelnen Maschinenstationen analysiert. Diese App generierte automatisch Dashboards, die Informationen und Einblicke wie „Ansichten pro Produkt“, „Blick in die Vergangenheit“, „What-if-Analyse“ sowie Echtzeit-Feedback nach Optimierungen bereitstellen. Das System, das mit Siemens Edge-Geräten gebaut wurde, ermöglichte die Erfassung, Harmonisierung und Speicherung von Daten unabhängig von den SPS. Eine zentrale Plattform ermöglichte Software-Updates für Edge-Apps und -Geräte in mehreren Werken in verschiedenen Ländern.
Die Lösung führte zu erheblichen Verbesserungen des Produktionsdurchsatzes, ohne dass Produktionsstopps oder SPS-Neuprogrammierung erforderlich waren. Die Plug-and-Play-Installation und die Low-Code-Visualisierungsfunktionen reduzierten Service- und Entwicklungsaufwand, wodurch die Effizienz bei minimalen Unterbrechungen gesteigert wurde.
Abbildung 2: Verbesserung der GAE in der Automobilfertigung mit Edge-Computing (Quelle)
Maximierung des Anlagendurchsatzes eines globalen Unternehmens im Bereich Biowissenschaften
Ein globales Unternehmen aus dem Bereich Biowissenschaften stand vor der Herausforderung, kritische Daten aus älteren SPS auslesen zu müssen, die über keine Ethernet-Konnektivität verfügten, was aber für die Prozesssteuerung und die GAE unerlässlich war. Da diese 15 Jahre alten SPS von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) validiert worden waren, konnten sie nicht aktualisiert oder modifiziert werden, was den Zugang zu den Daten erschwerte, die für die Optimierung der Produktion und die Verbesserung des Anlagendurchsatzes erforderlich sind.
Um diesem Problem entgegenzuwirken, setzte das Unternehmen die Maschinensteuerung NX1P von Omron ein, die es ermöglicht, Daten von Altgeräten zu erfassen, ohne in deren Betrieb einzugreifen. Der NX1P bietet erweiterte Bewegungs-, Netzwerk- und E/A-Verwaltung und unterstützt IIoT-Lösungen. Durch die Verbindung des NX1P mit der vorhandenen SPS über Factory Interface Network Service (FINS) konnte das Unternehmen die erforderlichen Daten erfassen, ohne die SPS oder die Anlage zu modifizieren. Darüber hinaus ermöglichte die Lösung die Verfolgung von Maschinenstandorten und -leistung, selbst wenn Geräte ihren Standort wechselten und plötzlich an einem ganz anderen Ort der Erde standen.
Fazit
Die Maximierung von Produktivität und Gewinnen hat oberste Priorität in jedem Unternehmen. Die Berechnung und Analyse von GAE-Scores hilft Herstellern, die Leistung und Effizienz ihrer Abläufe zu verbessern. Die GAE bietet einen klaren Überblick über die Werksleistung und hebt Bereiche hervor, in denen Verbesserungen erforderlich sind. Die vorausschauende Wartung spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der GAE durch Erhöhung der Geräteverfügbarkeit, Optimierung der Leistung und Aufrechterhaltung der Produktqualität.
Die Integration fortschrittlicher Technologien wie Cloud- und Edge-Computing ermöglicht es Herstellern, den Gerätezustand in Echtzeit zu überwachen, Ausfälle zu antizipieren und Wartungsaktivitäten zu optimieren. Farnell unterstützt diese Prozesse durch ein umfassendes Portfolio an Produkten für die industrielle Automatisierung, einschließlich SPS, Sensoren und anderen verwandten Geräten und Bausteinen.